Dienstag, 17. Oktober 2023

Befindet sich Argentinien am Rande des Abgrunds?

Die Bevölkerung ist zusehends frustriert. Es gibt einen Schrei nach Veränderung, aber keine sozialen Aufstände. Der große Nutznießer könnte am 22. Oktober Javier Milei heißen. Nach seinem Sieg in den Vorwahlen hat er bekräftigt, dass er keine Beziehungen zu Kommunisten pflegen bzw. gar fördern werde. Zitat: „Wir paktieren weder mit Kommunisten, noch akzeptieren wir Verhandlungen oder Geschäfte mit Kommunisten, weder mit Kuba noch mit Venezuela, noch mit Nordkorea, noch mit Nicaragua, noch mit China.“

Javier Milei verkündete außerdem, dass er als argentinischer Präsident, die Beziehungen zu Brasilien und China sofort abbrechen werde. Zu China meinte er: „In China sind die Menschen nicht frei, sie können nicht machen, was sie wollen. Und wenn sie es tun, dann bringen sie sie um". Ob derlei Äußerungen wahrlich klug sind sei dahingestellt, zählt doch China zu den wichtigsten Handelspartnern von Argentinien. Die Importe aus China betrugen 2022 satte 17,5 Milliarden US-Dollar und auch die Exporte waren mit 7,9 Milliarden US-Dollar nicht zu verachten.

Eine weitere Überraschung lieferte Javier Milei erst kürzlich, indem er erklärte, dass der Mercosur beseitigt werden muss, er ist eine fehlerhafte Zollunion, die den guten Argentiniern schadet. Da haben die Menschen in Brasilien, Paraguay und Uruguay wohl ordentlich die Ohren gespitzt, als er diese Meldung vom Stapel ließ.

Was hat Javier Milei vor?

Seinen eigenen Angaben zufolge will er die argentinische Zentralbank schließen, weil sie keine Existenzberechtigung habe und er hat vor, die argentinische Wirtschaft mit einem Gesamtumfang von ca. 640 Milliarden US-Dollar zu „dollarisieren“. Er wolle alles unternehmen, um einen Zahlungsausfall bei den Staatsschulden zu verhindern. Javier Milei will die Ausgaben um min. 13 % des BIPs kürzen und das schon bis Mitte 2025. Die öffentlichen Arbeiten, die Anzahl der Ministerien und die Subventionen sollen drastisch reduziert werden. Er will die Wechselkurse vereinheitlichen, die Exportsteuern und – quoten abschaffen und außerdem auch die direkte Einmischung des Staates in die Preise bei den Lebensmitteln mit sofortiger Wirkung beenden.

Wenn 2/3 der monetären Basis konvertiert sind, würde die Wirtschaft bereits völlig dollarisiert sein. Javier Milei meint bezüglich des Pesos: „Niemand will in Argentinien Pesos haben, wir reden hier nicht von Wasser inmitten der Wüste. Wir reden von etwas, das niemand will".

Bei den Vorwahlen waren ca. 35 Millionen Menschen wahlberechtigt, wobei etwa 1/3 davon nicht zur Wahl gegangen ist. Es waren ungefähr 30 % der Wähler: innen, welche sich für Javier Milei entschieden haben. Sie votierten für einen Mann, welcher eine harte Haushaltsanpassung durchsetzen will, eine Privatisierung des Bildungs- und Gesundheitswesens anstrebt, die sogenannte „Dollarisierung“ der Wirtschaft, eine Liberalisierung des Organhandels, eine Beendigung der Sozialprogramme (ob es tatsächlich alle sind, sei einmal dahingestellt), eine Reduzierung der Löhne und außerdem die Schließung der Zentralbank.

Die Abneigung der Bevölkerung gegen die bestehende Regierung geht weit über die Unzufriedenheit hinaus. Es sind ungefähr 40 % der Bevölkerung, welche Hunger leidet. Wen wundert es also, dass es eine libertäre, ultrarechte Kraft die besten Chancen hat, zum neuen Präsidenten von Argentinien gewählt zu werden?

Javier Milei verspricht eine andere Zukunft und erzeugt eine Illusion und alleine dafür sind die Menschen in Argentinien bereits dankbar. Sie wissen wohl, dass er nicht alles zum Wohle der Bevölkerung umsetzen kann, geschweige denn wird, aber er gibt ihnen zumindest die Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

Die Inflationsrate beträgt in Argentinien 113,5 %. Das ist allerdings noch immer kein Grund für die österreichische Bundesregierung, sich lobend auf die Schultern zu klopfen.

Am 22. Oktober finden in Argentinien die Präsidentschaftswahlen statt und wir werden sehen, ob sich Javier Milei, danach tatsächlich zum Sieger küren darf.

 

 

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen